Die Weltformel
Leseprobe
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1.1. Der Äther

Die Vorstellung eines allgegenwärtigen Äthers als Träger des Lichtes und somit von jeder elektromagnetischen Welle, stammt von Aristoteles und wurde später von Newton aufgegriffen. Der Raum wurde seit Newton als eine Art „Behälter“ angesehen, indem sich alle physikalischen Vorgänge abspielen. Auch wenn es nicht beweisbar war, Newton war davon überzeugt, dass es eine Substanz gibt, die das ganze Universum durchdringt und miteinander verbindet. Er nannte diese unsichtbare Substanz „Äther“ und bezeichnete sie als ein lebendiges, geistiges Element.

Auch James Clerk Maxwell, der Begründer der elektromagnetischen Theorie glaubte an Äther und nannte ihn „eine materielle Substanz, die subtiler ist als die sichtbaren Körper und in jenen Bereichen des Raumes existieren, die leer zu sein scheinen.

Der Raumbegriff hat sich jedoch in der ständigen Fortentwicklung der Physik stark gewandelt und wurde zuletzt durch Einstein infrage gestellt. Seitdem werden zur physikalischen Beschreibung formale Eigenschaften mathematischer Räume benutzt.

Der Äther wird als ein scheinbar ausgedienter physikalischer Begriff heute kaum noch von einer wissenschaftlichen Theorie behandelt. Man diskutiert zwar heutzutage ob der Raum quantisierbar ist, aber auch dabei wird der Raum als ein mathematisches bzw. geometrisches Objekt betrachtet.

Den Äther nachzuweisen schlugen um die Jahrhundertwende, und auch in etlichen späteren Experimenten, fehl. Albert Einstein konnte damals die Schwierigkeit lösen, indem er aus seinen Gleichungen den Äther verbannte und die Lichtgeschwindigkeit als universelle Konstante einsetzte. Die gescheiterten Versuche den Äther nachzuweisen gaben somit für Einstein den Anstoß zur Entwicklung der Relativitätstheorie.

Einstein hat in einer Rede die damalige Vorstellung vom Äther zusammengefaßt, und er äußerte seine Ansichten auch detailiert darüber:

"Zusammenfassend können wir sagen: Nach der allgemeinen Relativitätstheorie ist der Raum mit physikalischen Qualitäten ausgestattet; es existiert also in diesem Sinne ein Äther. Gemäß der allgemeinen Relativitätstheorie ist ein Raum ohne Äther undenkbar; denn in einem solchen gäbe es nicht nur keine Lichtfortpflanzung, sondern auch keine Existenzmöglichkeit von Maßstäben und Uhren, also auch keine räumlich-zeitlichen Entfernung en im Sinne der Physik.

Dieser Äther darf aber nicht mit der für ponderable Medien charakteristischen Eigenschaft ausgestattet gedacht werden, aus durch die Zeit verfolgbaren Teilen zu bestehen; der Bewegungsbegriff darf auf ihn nicht angewendet werden."

Beim Thema Äther wird oft behauptet, Einstein hätte ihn abgeschafft. Wie man aber in seiner Rede sehen kann, hat er den Äther nicht abgeschafft, sondern er hat ihn nach seiner Theorie neu definiert. Er hat sozusagen den Ätherbegriff zur damaligen Zeit modernisiert.

Es ist interessant zu erfahren, welche Überlegungen dahinter steckten, als man zu Beginn des letzten Jahrhunderts den Diskussionen über den Äther ein Ende gesetzt hat. Nicht nur, weil er nicht nachweisbar war, sondern weil auch keine Theorie existierte, mit der man die physikalischen Phänomene im Mikro- und Makrokosmos mit Hilfe der Eigenschaften des Raumes gleichermaßen erklären konnte. In seiner Rede hat Einstein auch auf diesen Umstand hingewiesen:

"Natürlich wäre es ein großer Fortschritt, wenn es gelingen würde, das Gravitationsfeld und elektromagnetisches Feld zusammen als ein einheitliches Gebilde aufzufassen. Dann erst würde die von Faraday und Maxwell begründete Epoche der theoretischen Physik zu einem befriedigenderen Abschluß kommen. Es würde dann der Gegensatz Äther - Materie verblassen und die ganze Physik zu einem ähnlich geschlossenen Gedankensystem werden wie Geometrie, Kin ematik und Gravitationstheorie durch die allgemeine Relativitätstheorie."

Die oben zitierte Rede von Einstein ist für das Thema dieses Buches interessant, und deshalb ist sie im letzten Kapitel enthalten. Bei dieser Rede erfährt man die tatsächlichen Beweggründe warum man sich von der Vorstellung eines "stofflichen" Äthers verabschiedet hat, was auch berechtigt war.

Warum kann man den Äther nicht messen?

Seit letztem Jahrhundert gilt die Ätherhypothese als gestorben. Auch bei späteren Experimenten konnte man keinen Äther nachweisen. Bei den vielen Diskussionen über den Äther zu Beginn des letzten Jahrhunderts und auch später, scheint jedoch niemand daran gedacht zu haben, dass das, wonach man gesucht hat einfach zu klein ist um es in Experimenten nachzuweisen.

Anscheinend geht man beim Äther von einem Element aus, das groß genug ist um es nachweisen zu können. Doch bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts hat Max Planck nach der Entdeckung des Wirkungsquantums die nach ihm benannten Einheiten abgeleitet und eine winzige, quantisierte Größe für den Raum als Plancklänge definiert. Spätestens nach dieser Erkenntnis müßte den Forschern eigentlich klar gewesen sein, daß man physikalische Effekte in diesen winzigen Größenskalen nicht messen kann.

Der Äther ist seit Jahrhunderten mit verschiedenen, zum Teil auch skurilen Theorien erklärt worden. Das neue Weltmodell basiert aber nicht auf den alten Vorstellungen vom Raum und dem Äther, deshalb verwende ich diesen Begriff nicht.

Wir werden in den folgenden Kapiteln sehen, daß der "leere" Raum eine bisher unbekannte Struktur hat. Auch wenn man die Eigenschaften des "leeren" Raumes nicht direkt nachweisen kann, so gibt es genug Indizien für die Existenz einer "Substanz, die das ganze Universum durchdringt und alles miteinander verbindet", wie ihn Newton beschrieben hatte.